Mein Name ist René und ich betreue gemeinsam mit Franziska die Spielekonsolen. Jeder hat im Leben diese „kann mich mal wer kneifen, ich glaub ich träum“ Momente. Ich möchte an dieser Stelle von einem dieser Momente berichten.

Es war ein sonniger Mittwoch im Oktober 2018. Das Computermuseum Visselhövede hatte an diesem Tag seinen jährlichen Tag der offenen Tür. Unser Fabian war gerade vor der Tür als er von einem älteren Ehepaar aus Rotenburg (Wümme) angesprochen wurde, dass sie da etwas hätten und ob wir das gebrauchen könnten.

Fabian kam auf mich zu und meinte das er da etwas hätte, was eher für unsere Konsolenabteilung was sein könnte.

Auf dem Karton waren mir bekannte Schriftzüge zu sehen, die ich bisher nur von Bildern kannte. In futuristischer Schrift stand über den gesamten Karton verteilt: „Odyssey“ und auf der Seite etwas kleiner „by MAGNAVOX“.

In diesem Moment war ich so kurz vor einem Herzinfarkt wie selten zuvor. Ich stellte die entscheidende Frage: „Ist in dem Karton das drin was drauf steht?“ Die Antwort des älteren Ehepaares hat mir dann endgültig den Rest gegeben. Es folgte ein „Ja, die müsste vollständig sein. Die können Sie haben, wenn Sie damit etwas anfangen können.“

Ich habe den Karton anschließend wie ein rohes Ei in den Ausstellungsraum der Konsolen gebracht, die Besucher haben sich gewundert, warum da einer Kreideweiß mit einem Karton durch den Gang läuft und die ganze Zeit etwas vor sich hin murmelt, von wegen „der heilige Gral“.

Spielefolien

Spielefolien

Im Konsolenraum angekommen wurde der Karton behutsam geöffnet um ihn auf keinen Fall zu beschädigen. Der Inhalt war, wie von dem älteren Ehepaar versprochen, tatsächlich vollständig und in einem absoluten Traumzustand. Die Spielchips waren sogar noch verpackt, das Scoreboard nicht angerührt und die Original inspection card war ebenfalls noch vorhanden.

An dieser Stelle stellt sich nun langsam die Frage, was an einer einfachen Spielekonsole so besonders sein kann, damit ein Mann sich wie ein kleines Kind verhält?

Konsole mit Controller

Im Jahre 1966 entwickelte der deutsche Emigrant Ralph Baer ein Gerät, was in der Lage war, auf einem einfachen Fernseher 2 Schläger und ein Quadrat darzustellen. Die Schläger konnten durch je 2 Drehregler unabhängig voneinander bewegt werden. Das Quadrat ist dabei von den Schlägern abgeprallt. Die Rede ist von einem Spiel das wir heute als „PONG“ kennen.

Die Spielekonsole die er damals entwarf wurde als „Brown Box“ berühmt.

Die kommerzielle Vermarktung erfolgte ab 1972 durch eine Elektronikfirma mit dem lateinischen Namen „Magnavox“. Die Spielekonsole die direkt auf die „Brown Box“ zurück ging wurde „Odyssey“ genannt. Technisch basiert sie auf einer Transistor-Dioden Logik, da es damals noch keine Mikroprozessoren gab, die für eine Spielekonsole brauchbar gewesen wären. Intels 4004 (der erste Mikroprozessor der Welt kam gerade auf den Markt) stand noch nicht für Heimelektronik zur Verfügung. Die Schläger wurden durch die Drehregler sowohl auf der X-Achse, als auch auf der Y-Achse bewegt. Zusätzlich kann die Bahn des Balls ebenfalls geändert werden. Die „Odyssey“ wurde durch einfache Module mit weiteren Spielen bestückt. Da eine grafische Darstellung damals aufgrund der Technik noch nicht möglich war, wurden Farben durch Folien erzeugt, die vor den Fernseher angebracht wurden. Die „Odyssey“ orientiert sich mehr an Brettspielen, als an späteren Computerspielen. Selbst das Zählen der Punkte erfolgte noch manuell mit Hilfe eines Scoreboards.

Es war die ERSTE Spielekonsole der Welt. Weltweit wurden ca. 350.000 Stück verkauft. Alle darauf folgenden Konsolen wie z. B. das Nintendo NES, Sega Megadrive, die Playstation 4 oder Xbox One X und Nintendo Switch gehen alle auf die „Odyssey“ zurück. Sie stellt damit das Modell 1 der Generation 1 dar. Daran lässt sich die komplette Entwicklung von den ersten „PONG“-Konsolen bis hin zu modernen Spielen wie GTA oder Red Dead Redemtion 2 zeigen.

Aus diesem Grund ist die „Magnavox Odyssey“, die wir als Computermuseum gespendet bekommen haben, so wertvoll für uns. Es gab schlicht und ergreifend vor der „Magnavox Odyssey“ keine Spielekonsole.

Wir können somit also sagen, das wir die Urkonsole besitzen.

Ich möchte mich auf diesem Wege nochmals bei den Spendern (die namentlich nicht genannt werden wollen) vielmals bedanken. Es ist schwer in Worte zu fassen, was diese Konsole für mich und unser kleines Museum bedeutet…

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